Oftmals wird eine gute Usability mit einem minimalistischen und aktivierenden Design (Call-to-Action) gleichgesetzt. Ein großer roter Button verkörpert demnach die perfekte Usability: aufmerksamkeitserregend und unwiderstehlich. Wer würde da nicht gleich zuhauen wollen?
Warum die einfachste Lösung nicht immer die Beste ist.
Möchte man dieses Konzept auf (digitale) Gebrauchsgegenstände wie einen Wecker übertragen, stößt man jedoch schnell an Grenzen. Ein Wecker, der sich nur mit einem Button stellen lässt, erscheint zunächst einfach und verlockend. Ein paar Klicks und das Ziel ist erreicht! Doch um den Einstellungsvorgang zu starten und dann zwischen Stunden- und Minuteneinstellung sowie zwischen Uhrzeit und Weckzeit wechseln zu können, muss der Wecker zwischen langem Drücken (Halten) und kurzem Drücken (Klicken) unterscheiden können. Das muss der User erst einmal verstanden haben. Klickt er dann an der gewünschten Uhrzeit vorbei, muss er sich zudem komplett neu durchklicken. Was einfach erscheint, wird so zu einem Nerventest. Die Steuerung eines Systems auf einen roten Button zu legen, ist also auch nicht immer das Gelbe vom Ei.
Gute Usability bringt das Spannungsverhältnis zwischen Sichtbarkeit, Einfachheit und Design ins Gleichgewicht.
Ein System mit wenigen Buttons und einem ansprechenden und minimalistischen Design wirkt auf den User zwar einfach, in der Nutzungssituation merkt er dann aber, dass gewisse Einstellungsmöglichkeiten verdeckt sind. Dies kann daran liegen, dass es nur einen Button für unterschiedliche Funktionen gibt oder nicht alle relevanten Informationen auf dem Startbildschirm sichtbar sind. Dagegen überfordern zu viele sichtbare Buttons und Funktionen wiederum. Denken Sie nur an einen Laien, der ein Mischpult benutzten soll. Da ist die Party ganz schnell vorbei!
Die Usability eines Produktes muss das Spannungsverhältnis zwischen Designwahrnehmung, wahrgenommener Einfachheit und der Sichtbarkeit der Funktionen ins Gleichgewicht bringen. Besondere Relevanz bekommt dies bei Systemen, die nur selten (der Nutzer muss sich schließlich an die Steuerung erinnern) oder in Situationen mit großer Ablenkung genutzt werden, wie beispielsweise beim Fahren. Ein ideales Lenkrad mit Multifunktionstasten teilt alle Funktionen eindeutig auf mehrere Tasten visualisiert durch passende Icons auf. Die Funktionen der Tasten sind somit auch schnell während der Fahrt erkennbar. Natürlich sollte auch das Lenkrad dabei ein ansprechendes und sportliches Design bieten.
Auch für digitale Interfaces gilt es immer genügend relevante Informationen sichtbar zu halten, damit der User das Produkt intuitiv bedienen kann, aber nicht überfordert wird. Um dies zu erreichen führen wir Usability Experten Reviews durch und erheben wahrgenommene Sichtbarkeit, Einfachheit und Designaspekte in UX Interviews und Workshops. Gerne testen wir natürlich auch ihren Wecker, ihr Lenkrad oder ihr Mischpult für einen gelungen Start in den Tag, eine gute Fahrt und eine erfolgreiche Partynacht.
Eine perfekte Usability erfüllt alle drei Wahrnehmungsfaktoren.
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