Pia beim World Usability Day 2022 – Health
Wie UX- und Designpatterns unsere Gesundheit beeinflussen.
Es war einmal ein World Usability Day mit dem Thema „Health“. Das Erste, an das man dabei denken muss, ist vermutlich gute Ernährung und viel Bewegung. Aber wo nehmen UX und Usability ihren Einfluss bei physischer und auch mentaler Gesundheit? Das hat Pia sich auch gefragt und sich deswegen an das Thema UX- und Designpatterns gewagt. Mit der Erkenntnis, dass es dort einiges zu erzählen gibt und ihrem Vortragstitel „Wie UX- und Designpatterns unsere Gesundheit beeinflussen.“ hat sie am 10.11 für zwei Tage ihren Standort vom Dom zu den Stadtmusikanten verlegt und am WUD teilgenommen. Was sie in Bremen mit den anderen Teilnehmenden geteilt und diskutiert hat, gibt es hier noch mal zusammengefasst. Denn dem Thema Gesundheit sollte viel Raum gegeben werden. Egal, ob sie physischer oder psychischer Natur ist.
Was sind Designpatterns und was haben sie mit Gesundheit zu tun?
Für den Einstieg ins Thema wäre es erst mal nicht schlecht zu wissen, was ein Designpattern überhaupt ist. Denn wenn man sich den Begriff ins Deutsche übersetzt, steht man mit „Entwurfsmuster“ da und das bringt einen ja überhaupt nicht weiter. Per Definition ist ein Designpattern erst mal eine wiederkehrende Lösung für häufig auftretende Probleme beim Softwareentwurf. Das bedeutet aber nicht, dass man sich für seine nächste App Idee einfach ein Stück Code kopieren und einsetzen kann und das Ganze läuft. Ein Designpattern einer App oder Website ist eher ein allgemeines Konzept zur Lösung eines bestimmten Problems. Ein bisschen wie ein Kochrezept. Also das Rezept zum Aufbau Deiner App.
Apps gibt es ja nun ohne Ende. Selbst wenn wir nur auf die Health Apps schauen, ist da schon eine ganze Menge. Hier eine kleine Übersicht zur besseren Orientierung:
Man will sich besser ernähren? Mehr Sport machen? Seinen Schlaf im Blick behalten und verbessern? Achtsamkeit üben? Für all diese Dinge und mehr gibt es Apps. Damit ist also klar, ein UX-Researcher oder eine UX-Researcherin hat hier als Teil des Designprozesses durchaus auch Einfluss auf die Gesundheit von Nutzenden.
Persuasive Technologie oder doch Dark Pattern?
Jetzt geht es ins Eingemachte. Wie kann ein Designpattern einer App denn jetzt die Gesundheit eines Nutzenden positiv oder negativ beeinflussen?
Um das herauszufinden, muss man diese Designpatterns in persuasive Technologien und sogenannte Dark Patterns unterteilen.
Persuasive Technology
Persuasive Technology ist im Grunde der Versuch, das Verhalten oder die Gefühle eines Menschen zu einer bestimmten Handlung oder einem Objekt zu verformen. Das kann bedeuten, dass sich die Gefühle zu etwas verstärken, schwächer werden oder sich beispielsweise zum Positiven verändern. Das können sich natürlich auch Health Apps zunutze machen. Denn durch ein persuasives Design der App kann man Nutzende folglich bei der Bewältigung chronischer und psychischer Krankheiten, Suchtbekämpfung oder Schlafverbesserung unterstützen.
Aber welche Form von persuasiver Technologie gibt es und woran erkennt man sie? Als Grundlage des persuasiven Designs gilt das Fogg-Behavior Modell vom Psychologen B.J. Fogg:
Der Erfolg oder Misserfolg einer Handlung sind laut Foggs Modell das Ergebnis aus Motivation, Fähigkeit und Aufforderung. Wenn ein Verhalten nicht auftritt, fehlt mindestens eines dieser drei Elemente.
Motivation
Ist der Nutzer genug motiviert für die Handlung?
Der Nutzende benötigt ein Motiv, Lust oder einen Grund etwas zu tun. Und diese Motivation muss in einer ausreichenden Menge vorhanden sein.
Fähigkeit
Ist der Aufwand für den Nutzer vertretbar?
Jede Aktion oder Aufgabe ist für den Nutzenden mit Aufwand (oder Kosten) verbunden. Je geringer der Aufwand, desto wahrscheinlicher die Aktion.
Aufforderung
Gibt es eine Aufforderung zu Aktion?
Und natürlich benötigt jede Aktion eine Aufforderung, einen Anlass oder Trigger um ausgeführt zu werden.
Auf den Aspekt der Motivation müssen wir aber noch mal genauer schauen. Denn hier gibt es nach Fogg verschiedene Kernelemente der Motivation.
Antizipation: Hoffnung vs. Angst
Menschen streben nach positiven Ereignissen in der Zukunft und möchten gleichzeitig negative Ereignisse abwenden.
Empfindung: Vergnügen vs. Schmerz
Menschen suchen nach Freude, Genuss und Vergnügen. Menschen vermeiden Schmerz und negative Empfindungen.
Soziale Zugehörigkeit: Anerkennung vs. Ablehnung
Menschen wollen sich sozial zugehörig fühlen und vermeiden dementsprechend eher Ablehnung.
Schön und gut, das ergibt hoffentlich erst mal Sinn. Aber das war noch nicht alles. Denn laut Fogg benötigen alle Handlungen auch eine Form von Aufforderung. In diesem Modell sind die drei Arten: Faciliator, Signal und Spark.
Faciliator
Wenn Motivation hoch ist, die Handlung aber schwer auszuführen, muss man die Fähigkeiten steigern, um ein Verhalten wahrscheinlich zu machen.
Ein Beispiel: Anleitungen der Übungen in einer Yoga-App
Signal
Wenn Motivation hoch ist und die Handlung lässt sich leicht ausführen, reicht ein einfaches Signal.
Ein Beispiel: In deiner Ernährungsapp erscheint ein Pop-up mit den Worten „Trinke ein Glas Wasser“.
Spark
Wenn Motivation niedrig und die Handlung aber an sich leicht auszuführen ist, kann ein Spark die Motivation steigern.
Ein Beispiel: Eine Health-App oder Fitnessuhr gibt Dir Ziele zum Erreichen. Du kannst bestimmte Titel („Athlete“ oder „Superstar“) erreichen oder pro Tag einen Aktivitätskreis füllen.
Wer Verhalten beeinflussen will, sollte also den Aufforderungstyp verwenden, der im Kontext seiner Anwender, Motivation und Fähigkeit richtig kombiniert.
Mobile Health ist manipulativ – oder nicht?
Über den Verlauf des Beitrags hinweg wird bisher wohl klar, dass Health-Apps definitiv einen positiven Einfluss nehmen können. Wir rekapitulieren:
- Gesunde Gewohnheiten können durch die regelmäßige Nutzung gebildet werden.
- Durch Self-Trackings über Health-Apps lassen sich potenzielle gesundheitliche Probleme festhalten und einordnen
- Durch die freigegebenen Daten der Apps kann medizinische Forschung vorangetrieben werden.
Aber jede Medaille hat ja bekanntlich zwei Seiten.
Dark Patterns
Ein Dark Pattern ist im Gegensatz zu persuasiver Technologie ein manipulativer Designansatz. Hier geht es eher darum, durch ein Designpattern Verhaltensmuster auszunutzen, um das Ziel des Entwickelnden zu erfüllen. Das kann der ungewollte Zugang zu persönlichen Daten sein oder der ungewollte. Abschluss eines ungewollten Abonnements.
Ein sehr weit verbreitetes Dark Pattern sind übrigens Cookie-Banner, da sie „heimlich“ Daten sammeln ohne die bewusste Einwilligung des Nutzenden.
Fazit
Persuasive Technology, Dark Patterns…Was nehmen wir in Bezug auf unsere Gesundheit und Designpatterns mit?
Während diese Patterns uns beim Aufrechterhalten positiver Gewohnheiten unterstützen können, können sie uns auch in Abo- oder Datenfallen locken. Nicht immer ist der primäre Beweggrund einer Health App, uns tatsächlich healthier zu machen. Dessen sollte man sich bewusst machen. Und darüber, dass Designpatterns in Health Apps auch falsche oder ungesunde Angewohnheiten (Unterernährung, Sportsucht) begünstigen können, haben wir ja noch gar nicht gesprochen….
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