NOVA Blog: 15. Februar
Loop11 – unmoderierte Usability Tests schnell und günstig?!
Kategorie: Methoden & Tools, Usability
Unser Tool-Review zu Loop11
Unmoderierte Usability Tests haben oftmals das Image, eine schnelle und günstige Möglichkeit zum Testen der Usability zu bieten. Dabei müssen die Video-Aufnahmen der Tests eigentlich sehr präzise durch den Researcher analysiert werden, um ein genaues Verständnis zu entwickeln. Der zeitliche und kostentechnische Vorteil gegenüber moderierten Remote Usability Tests schwindet dann schnell dahin – und vertiefende Rückfragen können leider auch nicht gestellt werden, um das Verhalten des Nutzers in der Gänze zu verstehen.
Damit unmoderierte Usability Tests überhaupt schnell und kostengünstig durchführbar sind, braucht es Tools, die dem Researcher einen guten Teil der Auswertung bereits abnehmen. Das Tool Loop11 bietet eine solche Lösung. Wir haben es mal ausprobiert.
Die Möglichkeiten von Loop11
In Loop11 können verschiedene Suchaufgaben live auf einer Website gestellt werden, die der Nutzer absolvieren soll. Beispielsweise soll der Nutzer nach Informationen zum Unternehmen suchen, das die Website betreibt. Der Nutzer kann sich frei auf der Website bewegen. Wenn er glaubt, dass er die richtige Unterseite gefunden hat, klickt er auf einen Bestätigungsbutton in der linken unteren Ecke des Browsers. Dann startet die nächste Aufgabe. Zwischen den Aufgaben können zudem kurze Fragen mit standardisierten oder offenen Antwortmöglichkeiten gestellt werden, um die Ergebnisse nochmals anzureichern.
Die Interaktion des Nutzers mit der Website wird während des Tests auf mehreren Ebenen erfasst. Quantitativ wird die Success Rate und die Zeit zur Aufgabenlösung festgehalten. Zudem speichert Loop11 Heatmaps der Klicks auf der Website und Klickpfade. Optional kann der Browserbildschirm, Audio und die Webcam des Teilnehmers aufgezeichnet werden.
Mit all dem ist tendenziell ein vollwertiger unmoderierter Usability Test möglich. Die Stärke des Tools liegt aber genau darin, dass alle qualitativen Aufzeichnungen optional sind. Dadurch lassen sich im Rahmen von Online-Befragungen viel breiter teilnahmebereite Nutzer finden. Gerade ungeübten Nutzern fällt es schwer, ohne Moderation während der Nutzung der Website ihre Gedanken zu verbalisieren. Andere haben Datenschutzbedenken. Um die Bereitschaft zu erzeugen an einem unmoderierten Usability Test im Rahmen einer Online-Befragung teilzunehmen, muss oft das Incentive erhöht werden.
Loop11 als erweitertes Tree Testing
Verzichtet man hingegen auf die qualitativen Daten, bleibt Loop11 vor allem eine interessante Erweiterung des klassischen Tree Testings. Während beim Tree Testing nur eine nackte Navigationsstruktur ganz ohne Design getestet werden kann, besteht beim Test mit Loop11 der gesamte Kontext der Website mit all seinen Ablenkungen. Die Usability der Website wird also viel realitätsnäher erfasst.
Grenzen von Loop11
Das Ganze hat aber auch seine Grenzen. Da der Nutzer über einen Button selbst bestätigen muss, ob er die richtige Unterseite gefunden hat, kann es zu leichten Verzerrungen der Zeit bis zur Aufgabenlösung kommen. Möchte man Loop11 als erweitertes Tree Testing Tool nutzen, sollte zuvor die Navigationsstruktur durch ein klassisches Tree Testing evaluiert worden sein, um sicher zu gehen, dass die Probleme im Layout & Design der Website liegen, wenn es im Test mit Loop11 zu Problemen kommt. Um die Probleme vertiefend verstehen zu können, sollte zudem zumindest der Browserbildschirm des Teilnehmers aufgezeichnet werden. Im Gegensatz zum klassischen unmoderierten Usability Test, bekommt der Researcher durch die quantitativen Daten dann eine gute Hilfestellung, welche Aufzeichnungen er sich genauer ansehen sollte, sodass der Auswertungsaufwand reduziert wird.
Auf Nutzerseite muss ein Browserplugin für Chrome oder Firefox bzw. eine App auf dem Smartphone installiert werden, damit das Verhalten getrackt wird. Dies führt zwangsläufig zu einer niedrigeren Teilnahmebereitschaft bzw. zu einem höheren Incentive sowie zu einer Reduzierung der Inzidenz durch Leute, die nicht Chrome oder Firefox nutzen. Alternativ kann ein Javascript in die Website eingebunden werden, um das Browserplugin zu ersetzen. Dies bedeutet dann ein Mehraufwand für die Entwickler. Da die Interaktion anhand des Klickpfades nachvollzogen wird, scheiden zudem reine Javascript-Prototypen mit fixer URL für einen Test mit Loop11 aus. Ein Feature, was uns bei Loop11 zudem gefehlt hat, ist die Möglichkeit Aufgaben zu randomisieren und nur bestimmte Aufgaben bestimmten Nutzern zu stellen.
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