Was ist das Schönste und gleichzeitig Schlimmste an einem Job in der UX Branche?
Man ist immer und überall von User Experience umgeben.
Kategorie: Gedanken & Gespräche
Beim Online Shopping, bei der Zubereitung unseres Tees oder Kaffees am Morgen oder jetzt gerade während Sie diesen Artikel lesen und dazu Smartphone, Tablet oder PC nutzen. Überall hat UX die Nase drin.
Im Mai bin ich (Antonija) privat nach Südkorea gereist – in ein Land, das so anders ist als Deutschland und irgendwie doch vertraut. Ich wollte bereits seit längerer Zeit nach Südkorea reisen, aber wie es immer so ist, kommt irgendwas dazwischen. Dieses Jahr war es dann endlich so weit! Im Vorfeld an meine Reise habe ich mich schon intensiv mit dem Land und seiner Kultur auseinandergesetzt. Daher waren meine Erwartungen ziemlich hoch. Trotz dieser hohen Erwartungen, die ich an das Land hatte, wurden diese noch übertroffen.
Für mich ist das Land ein Land, in dem Gegensätze selbstverständlich koexistieren können, so ist es nicht ungewöhnlich strahlende, gläserne Hochhäuser und gleichzeitig alte, farbenfrohe Paläste zu sehen. Zusätzlich bietet es eine interessante Geschichte, tolles Essen und ist eins der Länder bzw. Seoul eine der Städte, in denen Trends geschaffen und gelebt werden. Für mich persönlich also eine super Erfahrung und ein Land, das ich gerne nochmal besuchen würden.
Deswegen konnte ich die Brille des UX Researchers auch während meines Aufenthalts in Südkorea nicht abnehmen. Insbesondere, weil Südkorea für seinen technischen Fortschritt bekannt ist, zum Beispiel in Bezug auf den Ausbau des Internets oder auch verschiede Marktführer im Bereich Technik (Samsung) oder Automotive (Hyundai).
Außer, dass das Land viele interessante Eindrücke zu bieten hat, war daher auch meine UX Researcher Seite aufgeregt und gespannt, was das Land an Usability und User Experience zu bieten hat.
Ich habe die drei aus meiner Sicht interessantesten Erfahrungen mitgebracht und mir angeschaut, welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen sich aus User Research Sicht ergeben:
1. Ob alt oder jung, das Smartphone ist ein wichtiger Bestandteil
Sie kennen es sicher selbst. Kaum hat man ein paar Minuten Leerlauf, während man auf die Bahn wartet oder gerade die Werbung bei Youtube läuft, wird zum Smartphone gegriffen. Dieses Verhalten sieht man sehr stark in den U-Bahnen Seouls. Es ist komisch, wenn man jemanden sieht, der nicht gerade auf dem Smartphone durch die neuesten Nachrichten scrollt, seinem Lieblingsinfluencer in einem Livestreaming verfolgt oder mit Freunden und Bekannten über Kakao Talk (Südkoreas Äquivalent zu Whatsapp) chattet.
Dabei kann man kaum einen Unterschied zwischen der alten und jungen Generation ziehen. Der größte Unterschied ist wahrscheinlich das die jüngeren Nutzer ihr Verhalten so weit optimiert haben, dass sie nicht nur in der Bahn selbst auf das Smartphone schauen können, sondern auch den Bahnhof und den Transfer zu einer anderen Bahn problemlos bewerkstelligen können, ohne von dem Smartphone aufzusehen. Aus diesem Grund werden diese Personen in Researcherkreisen auch Smombies – eine Verbindung aus Smartphone und Zombies – genannt.
Was bedeutet das für den UX Research:
- Die breitere Zielgruppe in Bezug auf das Alter stellt eine zusätzliche Herausforderung dar. Denn obwohl das bedeutet, dass die ältere Generation in Korea technisch affiner ist als in manchen anderen Ländern, muss bei Apps und Webseiten noch stärker auf die Accessibility geachtet werden.
- Stellen Sie sich zum Beispiel eine App vor, bei der man sich besonders konzentrieren muss und gleichzeitig versuchen sie auch die U-Bahn zu navigieren. In diesem Fall könnten Sicherheitsmeldungen genutzt werden, die aktiviert werden, wenn das System merkt, dass die Nutzenden in Bewegung sind.
2. Telefonnummer vor E-Mail-Adresse
Erinnern Sie sich bitte zurück an eine Anmeldung oder andere Art von Kontaktsituation, in der Ihre Daten verwendet werden. In diesen Fällen …geben sie sicherlich lieber ihre E-Mail-Adresse an, richtig? Die Telefonnummer ist dann doch irgendwie zu privat. In Südkorea hingegen wird in diesen Situationen viel häufiger auf die Telefonnummer zurückgegriffen. Sei es bei der Anmeldung für eine Mitgliedschaft, in einem Portal oder auch z.B. bei der wahrscheinlich am weitesten verbreiteten Plattform (das Äquivalent zu Google in Südkorea), überall wird die Telefonnummer angefragt. Es gibt auch Situationen, in denen in Wartesituationen z.B. für den Einlass in ein Pop-up Store (die übrigens sehr beliebt sind in Südkorea) oder bei der Bestellung von Getränken in Cafes die Telefonnummer angegeben wird und eine Benachrichtigung verschickt wird, sobald der Einlass gewährt wird oder die Getränke fertig zubereitet sind.
Takeaways:
- Die Eingabe einer Nummer im Vergleich einer Emailadresse erfordert andere Ansprüche an Tastatur und Plausibilitätschecks.
- Mit der Telefonnummer wird ein viel persönlicher Kontakt im Anschluss ermöglicht, da Nutzende über Messangerdienste kontaktiert werden können. Zusätzlich handelt es sich hierbei auch um eine viel schnellere Kommunikation als per Mail.
3. SB-Terminals sind weitverbreitet
Selbstbedienungs-Terminals sind in der Regel stationäre Elektrogeräte mit Selbstbedienung. Der Begriff Terminal steht für ein interaktives Kiosk-System, mit dem sich Geschäftsprozesse im SB-Betrieb automatisieren lassen. Diese sind hierzulande vor allem bei Fast-Food-Restaurants bekannt. In Südkorea hingegen sind sie ein fester Bestandteil von Restaurants und Cafés jeglicher Größe. Für Touristen sind die SB Terminals Fluch und Segen zugleich. Wenn man die Sprache nicht spricht, kann man unangenehme Situationen bei der Bestellung umgehen, allerdings ist hierbei die Voraussetzung, dass das Terminal auch z. B. ins Englische übersetzt wird oder das Interface so intuitiv ist, dass es auch ohne ein Verständnis der Sprache genutzt werden kann. User Flows müssen möglichst einfach und kurz sowie leicht verständlich sein. Kein User möchte an einem SB Terminal länger brauchen als bei einer üblichen Bestellung am Tresen.
Takeaways:
- . Neue Herausforderungen sind die untypische Screengröße, die Kombination aus Touchscreen und Tastelementen, sowie die verstärkte Verwendung von Bildelementen. Es ist auch nicht so verbreitet, wodurch weniger auf Best Practices zurückgegriffen werden kann.
- SB-Terminals müssen es ermöglichen, dass Nutzende schneller zu ihrem Ziel gelangen, als verbal eine Bestellung aufzugeben. Gleichzeitig muss trotzdem darauf geachtet werden, Nutzende dabei zu unterstützen, Fehler am SB-Terminal z. B. unerwünschte Zusatzkäufe zu vermeiden.
Insgesamt war mein Eindruck, dass Technik effizient in den Alltag aller Nutzenden eingefügt wurde. Zusätzlich zeigt sich eindeutig, dass es kulturelle Unterschiede gibt, die über die Sprache allein hinaus gehen.
Gerade für Produkte, die international verbreitet sind, bedeutet das mehr Vorarbeit. Produkte müssen den kulturellen Unterschieden angepasst werden oder sogar schon in der Ausarbeitung so konzipiert werden, dass es verschiedene kulturelle Aspekte abdeckt.
Sie wollen mehr darüber wissen, wie sie ihre Produkte für den internationalen Markt gestalten und userfreundlicher machen? Lesen sie hier unsere Trend Map zum Thema Internationaler User Research.
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